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Between Beats and Tremors

Ambivalenz kann ein innerer Kampf eines Einzelnen sein und ein kollektiver Zustand, ein Spiegelbild für die verbreitete Empfindungen in einer Region. Länder wie Litauen, Lettland, Estland und Polen, Korridor-Länder in Europa, zwischen West und Ost, erleben die Anspannung, sich nach dem Wohlstand des Westens zu sehnen und sich zu befreien von den (historischen und akuten) negativen Einflüssen aus dem Osten. Russlands Krieg gegen die Ukraine hat das kollektive Trauma in diesen Ländern verstärkt, obwohl es gegenüber diesen Ländern keine physischen Anzeichen einer militärischen Aggression gibt. Die Hustle-Kultur, der Millennial-Lifestyle und die gleichzeitige Vorbereitung auf das Schlimmste sind psychologisch schwer zu ertragen. Als Bewältigungsstrategie wählen viele junge Menschen Party und Hedonismus.

Bei der Darstellung der visuellen Kultur eines Landes, das früher zum Sowjetblock gehörte, ist es schwierig, Klischees wie Teppiche an den Wänden, brutal klotzende Wohngebäude, bizarre Gefängnisästhetik und hockende Menschen in Trainingsanzügen zu vermeiden. Die Fetischisierung solcher Bilder lässt die Region exotisch, fremd und mitunter anziehend erscheinen, bringt aber selten unterschiedliche Mentalitäten zusammen. Unter der Oberfläche der visuellen Artefakte verbirgt sich ein immerwährendes, von der geografischen Situation bestimmtes Schicksal – ein ständiger Zwischenzustand. Im Gegensatz zu den spezifischen kulturellen Codes der Vergangenheit könnte die nachempfundene Spannung, nach einem guten Lebensstandards zu streben und getrieben zu sein von Angst vor der Zukunft, zu einem größeren Verständnis und zu Annäherung führen.

In den europäischen Korridor-Staaten empfinden Menschen sich seelisch oft zerrissen. Der Versuch, ein gesichertes Leben aufzubauen, sich auszuleben und gegen die Angst vor dem Unbekannten Konsum, Umtriebigkeit und Genuss zu setzen, entspricht einer verbreiteten Erfahrung, unabhängig von kultureller Herkunft. Die Fetischisierung von Bildern der Popkultur lässt diese Korridorregion wie „das Andere“ aussehen. Eine Betrachtung des kollektiven Seelenlebens könnte einen besseren Weg zum grenzüberschreitenden Dialog bereiten. Diese Ausstellung will daher bewusst eine ambivalente Atmosphäre schaffen und die Spannung zwischen akutem Hedonismus und kollektiver Angst vor der Zukunft thematisieren.

Das „Dazwischen“ ist ein gemeinsames Motiv in den Arbeiten der Künstler, die in dieser Ausstellung gezeigt werden.

Edvinas Mikulskis ist Maler, Maskenbildner und professioneller Pole-Tänzer, der in tänzerische Darstellung gängige Ansichten über Männlichkeit hinterfragt und erkundet und Identität neu bestimmt.

Das witzige Selbstporträt „Half-Human“ von Mantas Daujotas ist eine humorvolle, selbstironische Reflexion, aber auch eine Erkundung des Kampfes um die eigene Identität in schwierigen Zeiten.

Lena Kljukina ist Illustratorin und Grafikerin aus Vilnius. Sie liebt Präzision und Details, die einzigartige Textur von Grafit und Naturphänomenen. In ihren Werken versucht sie, ursprüngliche und ungezügelte Emotionen durch seltsame, einnehmende, oft absurde Motive auszudrücken.

Julija Skudutytė arbeitet vornehmlich in Aquarelltechnik.. Für sie ist die Beziehung zwischen Menschen und ihren Dingen ein immer wiederkehrendes Thema. Sie interessiert sich besonders dafür, was einen Gegenstand zu Müll macht und wie viel Wert wir Objekten beimessen. Sie nutzt verschiedenste Materialien und Techniken, macht Installationen, schafft Skulpturen, Animationen und Videos. Bei all den verschiedenen Arbeiten bleiben Absurdität, Ironie und Kontext für sie wichtig.

LT.art Vienna – ist eine Veranstaltungsreihe, die Künstler aus Litauen und ihre Werke in Wien präsentiert und den künstlerischen Austausch zwischen Österreich und Litauen fördert.

Unterstützt von AG18 Gallery, MA7, Litauischer Kulturrat, Botschaft von Litauen in Wien
Visuelle Identität von Ūla Šveikauskaitė